Suizidalität – Befürchtungen und Ängste ansprechen

Reden kann Leben retten

Über Suizid sprechen – Die eigenen Zweifel überwinden

Es kann sehr beängstigend und herausfordernd sein, zu vermuten oder zu erfahren, dass ein geliebter Mensch an Suizid denkt / suizidal ist. Es bedeutet schließlich auch immer eine eigene Auseinandersetzung mit Themen wie Tod, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass deine Bereitschaft darüber zu sprechen, entscheidend für die Suizidprävention sein kann.

Dadurch, dass du das Thema ansprichst, der betroffenen Person Mitgefühl signalisierst und deine Unterstützung anbietest, kannst du womöglich ein Leben retten. Auf dieser Seite wollen wir dir einige Tipps geben, wie du solch ein Gespräch angehen kannst, was du sagen könntest und auf welche zusätzlichen Unterstützungsangebote du zurückgreifen kannst.

Bedenke aber auch: Du bist keine professionelle Fachkraft. Es ist wichtig, das Risiko nicht allein zu tragen. Wende dich bei akuten Gefährdungssituationen, wenn du nicht mehr weiter weißt oder wenn du selbst belastet bist, an professionelle Hilfsdienste.

Erkenne die Warnzeichen von Suizidalität

Eine Person mit Suizidgedanken kann auf viele verschiedene Arten – bewusst und unbewusst – signalisieren, dass sie Hilfe benötigt. Solche Signale sind zum Beispiel

  • Wenn jemand sagt, „es wäre für alle einfacher, wenn ich nicht da wäre“.
  • Wenn jemand plötzlich trauriger, reizbarer oder aggressiver wirkt.
  • Wenn sich jemand zurückzieht, sich verabschiedet oder Gegenstände verschenkt.

Eine längere Liste von Warnzeichen findest du auf der Seite „Suizidalität erkennen

Wenn du eines oder mehrere dieser Warnzeichen bemerkst, solltest du aktiv werden.

Auch Aussagen wie „Ich kann nicht mehr“ oder „Ich will nicht mehr leben“ sollten immer ernst genommen werden

– selbst dann, wenn sie vermeintlich im Scherz gesagt werden.

Wie führe ich ein Gespräch über Suizid?

Vorab: Selbstreflexion und Wissen

Bevor du das Gespräch beginnst, kann es dir Sicherheit geben, dich selbst auf dieses schwierige Thema vorzubereiten. Du kannst dich auf dieser Website über Krisen und Suizidgedanken informieren und dir mögliche Hilfsangebote anschauen, die du der Person bei Bedarf direkt empfehlen kannst. In unserem Video-Tutorial „Darüber reden“ bekommst du noch viele weitere, konkrete Tipps.

Spüre auch mal in dich selbst hinein – Was sind deine Ängste und Sorgen, wenn du daran denkst, Suizidgedanken anzusprechen? Einige Sorgen können wir dir hoffentlich durch unsere Infos nehmen. Sicher ist: Nachzufragen ist immer richtig. Versuche, deinem Gesprächspartner gegenüber aufmerksam, wertschätzend und offen zu sein.

Suche nach dem richtigen Zeitpunkt und Ort

Finde einen ruhigen Ort für das Gespräch. Wähle einen Zeitpunkt, an dem beide Parteien ausreichend Zeit haben, ohne Ablenkungen oder Zeitdruck.

Oftmals fällt Menschen ein schwieriges Gespräch leichter, wenn sie in Bewegung sind.

Bei einem Spaziergang – etwa durch einen ruhigen Park oder im Wald
– gibst du deinem Gegenüber viel persönlichen Raum.

Einfühlsame Ansprache

Du kannst das Gespräch anfangen, indem du deine Sorge und dein Interesse am Wohlbefinden der Person betonst. Also zum Beispiel:

„Ich habe in letzter Zeit bemerkt, dass du dich anders verhältst. Ich mache mir Sorgen um dich.“

Sei sensibel und wähle deine Worte mit Bedacht. Mit „Ich“-Aussagen kannst du außerdem Vorwürfe und Schuldzuweisungen vermeiden. Weniger hilfreich wären zum Beispiel Formulierungen wie:

„Du meldest dich ja gar nicht mehr“

oder

„Du bist in letzter Zeit immer nur schlecht drauf.“

Das Kind beim Namen nennen – nutze den Begriff Suizid

Suizidgedanken und Suizidabsichten im Laufe des Gesprächs direkt anzusprechen, ist extrem wichtig. Zum einen musst du wissen, was eigentlich los ist, wenn du jemanden unterstützen möchtest. Zum anderen ist es für die betroffene Person oft sehr erleichternd, jemandem von diesen Gedanken erzählen zu können. Frag nach Suizidgedanken und auch nach ganz konkreten Absichten, Plänen und Vorbereitungen, zum Beispiel:

„Denkst du manchmal darüber nach, nicht mehr weiterleben zu wollen?“

„Weißt du wann oder wie du dir das Leben nehmen möchtest?“

„Hast du dafür etwas vorbereitet?“

Beispielhafter Gesprächsverlauf

Wie könnte so ein Gespräch ablaufen? Jedes Gespräch wird unterschiedlich sein, weil jeder Mensch unterschiedlich ist. Aber um dir eine konkrete Idee zu geben, hier ein möglicher Dialog.

Du: „Hallo [Name], wie geht es dir? Ich hab in letzter Zeit das Gefühl gehabt, du hast etwas auf dem Herzen und ich mach mir ein bisschen Sorgen um dich.“

Person: „Nein, ich glaub nicht. Alles gut. Warum?“

Du: „Du wirkst ziemlich zurückgezogen in letzter Zeit. So traurig und irgendwie abwesend. Ich wollt einfach mal nachhören, wie es dir geht.“

Person: „Ach, keine Ahnung! Ich weiß doch auch nicht. Irgendwie fühl ich mich nicht mehr wie ich. Anders. Irgendwie – leer.“

Du: „Das belastet bestimmt ziemlich. Seit wann ist das schon so? Wenn du darüber sprechen oder was loswerden möchtest, höre ich dir gerne zu!“

Person: „Und was soll mir das bringen? Das ändert doch nichts!“

Du: „Vielleicht. Manchmal hilft es aber auch Dampf abzulassen oder im Gespräch eine andere Perspektive zu sehen.“

Person: „Als würde das noch irgendeinen Sinn machen.“

Du: „Warum denkst du, dass das keinen Sinn macht? Was wäre denn deine Alternative?“

Person: „Es gibt keine! Es bringt doch sowieso alles nichts.“

Du: „Das klingt ziemlich düster. Ich frag jetzt mal vorsichtig nach: Hast du manchmal Gedanken, in denen du dir etwas antun möchtest?“

Person: „Und wenn es so wäre? Ändern könntest du daran ja auch nichts.“

Du: „Wenn es so wäre, möchte ich für dich da sein und dir helfen. Darf ich dich ganz konkret fragen, ob du an Suizid denkst?“

Person: „Manchmal kommen mir wirklich solche Gedanken.“

Du: „Danke, dass du so offen und ehrlich zu mir bist. Diese Gedanken stelle ich mir schrecklich vor. Was sind das genau für Gedanken?“

Person: „Es wird mir alles zu viel. Das fühlt sich an, als ob alles über mir zusammenbricht. Ich sehe einfach keinen Ausweg.“

Du: „Das tut mir sehr leid. Wenn du über nachdenkst, nicht mehr weiterleben zu wollen: Hast du einen Plan, wie du dein Leben beenden würdest und hast du dafür bereits etwas vorbereitet?“

Person: „Nein, gar nicht. Ich glaube ich würde das nicht wirklich tun, aber ich kann einfach nicht mehr.“

Du: „Könntest du dir vorstellen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen?“

Person: „Ich weiß nicht, ob mir irgendwelche Fremden helfen können.“

Du: „Das weiß ich auch nicht, aber wenn du möchtest, unterstütze ich dich gerne bei der Suche nach einem passenden Hilfsangebot. Ich rufe auch gerne mit dir gemeinsam bei einer Hotline an oder begleite dich zu einer Beratungsstelle, wenn es das für dich einfacher macht. Ich bin gerne für dich da und ich möchte, dass du weißt, dass du auch mit Suizidgedanken nicht allein bist.“

Wie du ein Gespräch beginnst, wenn du selbst Suizidgedanken hast, findest du unter folgendem Link:

Zuhören und Empathie zeigen

Gib deinem Gesprächspartner oder deiner Gesprächspartnerin Raum, um über die eigenen Gefühle und Erfahrungen zu sprechen. Auch wenn du das Gefühl hast, direkt eine Lösung für das Problem zu sehen: Höre erst einmal zu, frage nach und zeige Verständnis für das Problem. Versuche, keine schnellen Tipps zu geben, wie du das Problem lösen würdest. Auch Aussagen wie „ist doch alles nicht so schlimm“, helfen in einer Krise nicht.

Vermeide Vorwürfe

Urteile nicht über das, was er oder sie sagt. Sei empathisch und zeige der Person, dass sie sich dir, ohne Angst vor Verurteilung haben zu müssen, anvertrauen kann. Im Laufe des Gesprächs kannst du natürlich anbieten, gemeinsam nach Lösungen zu suchen oder gemeinsam weitere Unterstützung dazuzuholen. Das können Freunde oder Familie sein, oder professionelle Unterstützungsangebote.

Verweise auf professionellen Hilfe

Ermutige dein Gegenüber, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das kann zum Beispiel eine Krisenhotline oder eine Beratungsstelle sein. Biete deine Unterstützung bei der Suche nach solchen Angeboten an und schlage zum Beispiel vor, gemeinsam dort anzurufen oder zusammen zu einer Beratungsstelle vor Ort zu gehen.

Und natürlich kannst du auch auf unsere Seite hinweisen. Mit dem Hilfefinder kannst du gezielt nach Angeboten in deiner Nähe suchen.

Mache keine Versprechungen, die du nicht halten kannst

Mache deinem Gegenüber deutlich, dass du da bist, helfen willst und er oder sie dir vertrauen kann. Zeige aber auch deine Grenzen – sowohl deine emotionalen Grenzen als auch die fachlichen. Du bist wahrscheinlich kein Profi, der täglich über Suizid redet. Und vielleicht bist du auch selbst mit der Situation überfordert. Das kannst du kommunizieren und auf professionelle Angebote verweisen.

Signalisiere aber auch, dass du keine Versprechen geben kannst und wirst, die das Leben der Person gefährden könnten. Kommuniziere offen, dass du etwa der Bitte, bei einem potenziellen Suizidversuch keine Hilfe zu rufen, nicht nachkommen wirst. Das sind Grenzen, die du ziehen kannst und musst.

Was mache ich, wenn…?

Was, wenn die Person Suizidgedanken abstreitet?

Kein Problem: Vielleicht hat die Person wirklich keine Suizidgedanken aber weiß es wahrscheinlich zu schätzen, dass du dir Sorgen gemacht hast. Vielleicht ist ja etwas anderes los, bei dem du sie unterstützen kannst.

Und wenn du dir Sorgen machst, dass doch Suizidgedanken da sind?

Grundsätzlich solltest du die Antwort akzeptieren. Trotzdem kannst du natürlich deine Unterstützung anbieten: „Falls solche Gedanken irgendwann einmal auftauchen, kannst du damit gerne zu mir kommen.“

Was, wenn die Person durch meine Nachfrage erst auf die Idee kommt?

Das ist ein häufiger Mythos, der nicht stimmt. Durch Nachfragen bringst du niemanden auf Suizidgedanken. Weitere Mythen über Suizidgedanken findest du auf der Seite „Suizidalität erkennen

Was, wenn ich die Person nicht gut genug kenne, für so ein privates Thema?

Grundsätzlich gilt: Nachfragen kann Leben retten. Wenn du dich unwohl fühlst, jemanden anzusprechen, mit dem du nicht so eng befreundet bist, kannst du z.B. ganz transparent in deiner Ansprache sein. „Ich weiß, wir kennen uns nicht so gut, aber ich mache mir Sorgen. Magst du erzählen, was gerade bei dir los ist?“ Du kannst die Person auch fragen, ob es jemanden gibt, mit dem sie sonst über schwierige Themen sprechen kann.

Was, wenn die Person erzählt, dass sie konkrete Pläne für einen Suizid hat?

Es ist nicht einfach zu hören, dass jemand einen konkreten Plan für einen Suizid hat. Aber keine Panik. Frag genauer nach, wie genau diese Pläne aussehen: Wann und wie soll der Suizid stattfinden? Wurde dafür schon etwas vorbereitet? Biete an, gefährliche Gegenstände oder Medikamente zu entfernen oder direkt gemeinsam zu einer Beratungsstelle zu gehen. Wenn der Wunsch zu sterben ganz akut ist, könnt ihr auch gemeinsam zur Notaufnahme gehen oder den sozialpsychiatrischen Dienst bzw. den Rettungsdienst anrufen.

Video Tutorial