Suizidgedanken ernst nehmen

„Wenn ich nicht mehr da bin … “

„Mir wird gerade alles zu viel!“

Suizidgedanken können eine enorme Belastung darstellen, verstörend oder beängstigend wirken – sowohl wenn andere sie äußern als auch, wenn diese Gedanken plötzlich in deinem eigenen Kopf auftauchen.

Was tun bei Suizidgedanken?

Viele von uns haben schon mal darüber nachgedacht, was wäre, wenn sie morgen nicht mehr aufwachten oder ihr eigenes Leben beenden würden. Solche Gedanken sind durchaus mal normal. Wenn sich diese Gedanken aber immer wieder aufdrängen, du davon nicht Abstand nehmen kannst und/oder unter den Gedanken leidest, dann ist Hilfe gefragt.

Es ist ein wichtiger Schritt, sich zu öffnen und einer anderen Person von deinen Gedanken zu erzählen. Insbesondere Männer suchen die Lösung von Problemen häufiger im Tun und Handeln als in der Kommunikation. Aber solch ein Gespräch zu führen ist eine aktive Handlung, um deine Situation zum Besseren zu verändern.

Vielleicht gibt es jemanden in deiner Familie, dem du vertraust? Auch Freundinnen, Freunde oder Bekannte können genau die richtige Person sein, um darüber zu sprechen, dass es dir nicht gut geht.

„Ich will meine Familie oder Freunde nicht belasten.“

Vielleicht hast du eine nette Trainerin beim Sport, vielleicht ist auch dein Kollege, mit dem du seit Jahren zusammenarbeitest, eine Vertrauensperson für dich? Oder gibt es in der Schule eine Vertrauenslehrerin oder einen Sozialarbeiter, mit denen du sprechen kannst?

Wenn es dir leichter fällt, mit jemandem zu reden, den du nicht kennst, kannst du dich zum Beispiel an den Telefondienst des Berliner Krisendienst oder die Telefonseelsorge wenden. Wenn du nicht gerne telefonierst, kannst du auch eine Chat- oder Mailberatung kontaktieren oder bei einer Beratungsstelle vor Ort vorbeigehen. Verschiedene Angebote findest du in unserem Hilfefinder. Du kannst entscheiden, welche Unterstützung du möchtest: online, offline, anonym oder persönlich.

Egal, welchen Weg du wählst, um dich mitzuteilen, du musst dich nicht für deine Gedanken schämen.

Auch nicht dafür, dass du dir professionelle Hilfe suchst.

Das ist ein wichtiger erster Schritt, um dein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Und darauf kannst du stolz sein.

„Raus aus dem Kopf“

„Sprich über deine Gedanken.“, „Rede über deine Gefühle.“, „Teile das Belastende mit vertrauten Personen.“ – das klingt alles so einfach. Aber wir wissen, wie schwer es sein kann, über so etwas Großes wie Suizidgedanken zu reden.

Um es dir etwas einfacher zu machen, haben wir dir einmal hilfreiche Überlegungen und eine grobe Struktur zusammengestellt, wie du solch ein Gespräch führen könntest. Denke bitte daran, dass es dabei wirklich nur um die Struktur geht. Wie du etwas sagst und welche Formulierungen du verwendest, liegt ganz allein in deiner Hand.

Worauf es bei einem Gespräch über Suizidgedanken ankommt

  • Zuallererst: Du hast dich entschieden, dir Unterstützung zu suchen. Das ist ein großer Schritt, vielleicht sogar der wichtigste Schritt. Und es ist kein Zeichen von Schwäche, ganz im Gegenteil. Das ist richtig klasse.
  • Ein Gespräch gibt dir die Möglichkeit Unterstützung zu bekommen und den anderen die Möglichkeit, dich zu unterstützen.
  • Schaffe Zeit und Raum für solch ein Gespräch. Solch ein Thema bespricht sich nicht zwischen Tür und Angel. Sorge also für ausreichend Zeit und einen Ort, an dem ihr ungestört reden könnt.
  • Suche dir einen Ort aus, an dem du dich wohlfühlst – vielleicht ist es ein Büroraum, vielleicht magst du aber auch lieber während solch eines Gespräches spazieren? Das ist für viele Menschen einfacher, weil man sich da nicht so frontal gegenübersitzt und auch Gesprächspausen etwas angenehmer sind, wenn man währenddessen den Blick durch die Natur schweifen lassen kann.
  • Wenn du möchtest, kannst du der anderen Person schon vorher schreiben oder sagen, dass es dir im Moment nicht gut geht und du gerne mit ihr darüber sprechen möchtest. Dann ist sie vorbereitet und du vermeidest, dass sie sich überfallen fühlt. Das musst du aber nicht.

Beispiele für den Einstieg in ein Gespräch über Suizidgedanken

  • „Ich weiß nicht so recht, was los ist, aber irgendwas stimmt nicht. Ich habe keine Kraft mehr, manchmal wünschte ich mir einfach nur tot zu sein.“
  • „Mir geht es im Moment nicht gut und ich weiß nicht, wie ich weiterleben soll.“
  • „Ich muss oft daran denken, dass ich nicht mehr leben möchte. Ich möchte, dass du Bescheid weißt.“
  • „Ich habe in letzter Zeit Suizidgedanken. Ich wünsche mir, mit dir darüber zu reden, ohne dass du mir sagst, was ich tun muss. Ist das für dich in Ordnung?“

Was möchtest du mit dem Gespräch über Suizid erreichen?

Mach dir bereits im Vorfeld bewusst, was das Ziel dieses Gesprächs sein soll. Natürlich möchtest du dir etwas von der Seele reden und deine Ängste mitteilen. Wahrscheinlich möchtest du von deinem Gegenüber weder Vorwürfe hören noch mit Floskeln und wenig hilfreichen Tipps abgespeist werden. Aber darüber hinaus? Folgende Punkte könnten beispielsweise ein Ziel von solche einem Gespräch sein.

  • Gemeinsam eine Beratungsstelle besuchen.
  • Zusammen einen Notfallplan ausfüllen. Wie das genau aussehen kann, findest du etwas weiter unten auf dieser Seite.
  • Weitere Gespräche planen.
  • Verbindliche Abmachungen treffen – etwa, dass du dir bis zu eurem nächsten Treffen nichts antun wirst.

Mögliche Reaktionen

Für viele Menschen ist das offene Reden über Tod und Suizid ganz ungewohnt. Das liegt daran, dass wir es nicht gelernt haben und nicht gewohnt sind. Versuche im Hinterkopf zu haben, dass solch ein Gespräch für dich und dein Gegenüber neu und auch schwer ist.

Im Idealfall weiß die Person, mit der du sprichst, was zu tun ist und wie sie dich unterstützen kann. Vielleicht reagiert sie aber auch ganz anders, als du es erwartest hast.

Vielleicht hat sie Angst etwas Falsches zu sagen, vielleicht fühlt sich überfordert. Das hat aber nichts mit dir zu tun. Du hast nicht versagt und nichts falsch gemacht.

Sprich mit ihr über dein Unbehagen und darüber, was du von dem Gespräch erwartet hast. Miteinander zu reden, hilft auch in diesem Fall. Vielleicht ist sie aber auch viel schneller als du und überfordert dich mit viel zu vielen Tipps, die du gar nicht wolltest. Das kann sein. Sprecht miteinander darüber.

Du kannst der anderen Person auch gerne diese Seite zeigen. Hier findet sie auch Informationen und Hinweise für Angehörige von Menschen mit Suizidgedanken.

Selbsttest: Fragebogen Suizidalität

Viele Menschen mit Suizidgedanken wünschen sich einen Selbsttest oder einen Fragebogen, der ihnen sagt, wie akut Ihre Suizidgedanken sind, ob ihre Krise „echt genug“ oder „groß genug“ ist, um sich Unterstützung zu suchen.

In der Wissenschaft unterscheidet man oft zwischen verschiedenen Stufen der Suizidalität. Die erste Stufe ist der Wunsch nach Ruhe, Pause oder Unterbrechung, dann folgen die Stufen der (passiven) Todeswünsche, der Suizidgedanken, einer Suizidabsicht mit Vorbereitungen und zuletzt die Stufe der suizidalen Handlungen. Vielleicht erkennst du dich in einer dieser Stufen wieder oder hast schon mehrere Stufen erlebt.

Wir haben hier aber ganz bewusst keinen Selbsttest eingebaut, weil es egal ist auf welcher Stufe du dich befindest: Wenn du der Meinung bist, Hilfe zu benötigen, hast du das Recht dir Unterstützung zu suchen, egal auf welcher Stufe dich ein „objektiver“ Test einordnet. Dein subjektives Empfinden ist das wichtigste Kriterium. Dein Leben ist es wert, dass du diese Krise angehst. Und zwar besser jetzt als später.

Ein Notfallplan

Wenn dich deine Gefühle und Gedanken verängstigen, kann dir ein sogenannter Notfallplan Sicherheit geben. Auf ihm kannst du wichtige Warnzeichen, Telefonnummern, Kontakte und Strategien festhalten, die dir durch akute suizidale Phasen helfen. Diesen Plan kannst du ausdrucken und immer mitnehmen. Es ist sinnvoll, diesen Plan nicht allein auszufüllen, sondern zusammen mit einer Vertrauensperson. Das kann jemand aus deinem privaten Umfeld sein oder eine Fachperson, wie eine Psychotherapeutin oder ein Psychiater. Wenn du Kontakt zu einer Beratungsstelle aufnehmen möchtest, kannst du auch dort fragen, ob ihr gemeinsam den Notfallplan ausfüllen könnt.

Das Leben nach einem Suizidversuch

Ein Suizidversuch ist eine Zäsur. Sowohl im Leben des Einzelnen als auch in dessen Familien- und Freundeskreis.

Als Überlebender kannst du nach einem Suizidversuch mit sehr unterschiedlichen Gefühlen konfrontiert werden: vom wachrüttelnden Schock über die eigene Tat bis hin zur niederschmetternden Feststellung, dass es nicht geklappt hat.

Medizinische Versorgung

Wichtig ist, dass du medizinisch und psychologisch gut versorgt wirst, damit deine Handlung körperlich und psychisch verarbeitet und integriert werden kann. Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn du weiterhin Suizidgedanken haben solltest. Nimm die Unterstützung, die dir angeboten wird an und bleibe am Ball. Die Ursachen von suizidalen Gedanken sind vielfältig und es braucht oft einfach Zeit, bis dein Zustand sich verbessert.

Zwischen Schock und Empathie

Doch ein Suizidversuch reißt auch Angehörigen und Freunden häufig den Boden unter den Füßen weg. Dabei können die Gefühle von Entsetzen über Scham und Schuld bis hin zu verständnisvoller Empathie reichen.

Auf dieser Seite richten wir uns in erster Linie an Betroffene mit – zum Teil akuten – Suizidgedanken. Entsprechend direkt ist unsere Wortwahl. Für Angehörige und Freunde kann es erschreckend und verstörend wirken, so offen über das Thema Suizid zu lesen.

Auch indirekt Betroffene müssen solch ein Tat verarbeiten und benötigen häufig Unterstützung. Gespräche und der Austausch mit anderen Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, können dann ein gutes Mittel sein, das Geschehene zu verarbeiten.

Auf unserer Seite „Hilfe für Angehörige“ wenden wir uns an all jene, die indirekt von einem Suizid betroffen sind. Dort findest du zahlreiche Informationen, die dabei helfen können, das Geschehene einzuordnen und zu verarbeiten.

Mit unserem Hilfefinder kannst du dich schnell über Selbsthilfegruppen, Gesprächskreisen und Betroffenenvereinen direkt in deiner Nähe informieren.