Suizidalität erkennen heißt Leben retten

„Ich hätte nie gedacht, dass mich dieses Thema einmal betreffen könnte.“

Die Suizidgefahr wird oft nicht erkannt

Es ist wichtig, dass wir als Berlinerinnen und Berliner das Bewusstsein für Suizidalität erhöhen und uns dafür einsetzen, Stigmata gegenüber psychischen Erkrankungen und Suizid abzubauen. Wir wollen uns nicht mit den aktuell über 400 Todesfällen pro Jahr allein in unserer Stadt abfinden.

Deshalb teilen wir unsere Kenntnisse und unser Fachwissen in Bezug auf suizidales Verhalten, Suizidgefährdung und den Umgang mit suizidgefährdeten Menschen. Nur so können wir das Thema in die Mitte der Gesellschaft bringen und gemeinsam Betroffene und Angehörige besser unterstützen.

Je größer das Bewusstsein für die Anzeichen und Auswirkungen von Suiziden in der Bevölkerung verankert ist, desto leichter fällt es, das Thema anzusprechen. Und darüber zu sprechen kann den entscheidenden, lebensrettenden Unterschied machen.

Suizidgedanken – Definition

Unter Suizidgedanken versteht man verschiedene Überlegungen, Wünsche und Vorstellungen von Tod und Suizid.

Suizidgedanken werden oft in verschiedene Stufen eingeteilt:

  • Manche Menschen mit Suizidgedanken wünschen sich hauptsächlich Ruhe oder eine Pause
  • Manche wünschen sich (ohne sich selbst zu suizidieren) tot zu sein.
  • Wieder andere haben konkrete Gedanken oder Pläne für den eigenen Suizid.
  • Und manche Menschen handeln auch mit dem konkreten Ziel eines Suizids.

Nicht jeder Mensch erlebt all diese Stufen und nicht jeder Mensch, der Suizidgedanken erlebt, versucht sich das Leben zu nehmen. Trotzdem ist es wichtig, dass jeder und jede sich Unterstützung suchen kann und darf, wenn Gedanken oder Wünsche nach Ruhe, Pause oder Tod auftauchen.

Auslöser und Motivation von Suizidgedanken sind komplex und individuell. Hinter dem Gedanken sich selbst zu töten, steht häufig vor allen Dingen der Wunsch mit der aktuellen Lebenssituation oder Krise nicht mehr weiterleben zu müssen.

Suizid – Ursachen

Die Ursachen für Suizidgedanken können vielfältig sein und jeder kann in eine Krise geraten, die zu Suizidgedanken führt.

Psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen, bipolare Störungen, Schizophrenie, Suchterkrankungen oder Angststörungen können das Risiko für Suizidgedanken erhöhen. Aber auch Menschen ohne psychische Störung geraten in suizidale Krisen: Zum Beispiel durch den Verlust eines geliebten Menschen, durch den Verlust eines Arbeitsplatzes, durch eine körperliche Erkrankung oder durch andere belastende Lebenssituationen.

Suizidgedanken – Symptome und Warnzeichen

Anzeichen für Suizidgedanken können sehr unterschiedlich sein und oft gibt es nur indirekte Hinweise. Wenn du solche Warnsignale oder Veränderungen bei deinem Angehörigen feststellst, solltest du nicht weghören und das Gespräch suchen. Dabei kannst du nicht viel falsch machen, aber vieles richtig. Falls du nicht ganz sicher bist, wie du deine Sorge am besten ansprichst, findest du auf der Seite „Suizidgedanken ansprechen“ weitere Informationen. Und schonmal vorneweg: Durch Nachfragen, bringst du niemanden erst auf die Idee.

Achtung:

Wenn es jemandem nach einer sehr schwierigen Krise ganz plötzlich deutlich besser geht,
ist das leider nicht immer ein gutes Zeichen, sondern ebenfalls ein Warnsignal.

Einige Menschen wirken plötzlich viel glücklicher, wenn sie sich für einen Suizidplan entschieden haben.
Auch hier gilt: Frag nach.

Wer ist betroffen?

Es ist wichtig zu beachten, dass Suizid in jeder Altersgruppe vorkommen kann. Es gibt für Menschen in allen Lebensphasen Unterstützungsangebote. Egal ob 18 oder 80, egal welches Geschlecht und egal wie die Lebenssituation gerade aussieht: Unterstützung suchen und annehmen ist der erste Schritt aus einer Krise heraus.

Du willst es ganz genau wissen? In unserem Infobereich findest du eine ganze Reihe von Statistiken, die dir aktuelle Suizidzahlen nach Faktoren wie Alter und Geschlecht aufzeigen.

Wir räumen mit den Mythen auf.

Suizid ist ein sensibles Thema, das einerseits zahlreiche Menschen betrifft und berührt und über das trotzdem kaum gesprochen wird. Doch in einer Gesellschaft, die nicht offen über ein Thema spricht, entstehen häufig Vorurteile und Fehlinformationen, die das Verständnis und die Hilfe erschweren.

In diesem Artikel wollen wir einige der häufigsten Vorurteile zum Thema Suizid aufzeigen und durch Fakten zeigen, dass es weit verbreitete Mythen sind, die nur wenig mit der Realität zu tun haben.

Mythos 1: Wer über Suizid spricht, tut es nicht.

Die Zahlen sprechen eine ganz andere Sprache. Acht von zehn Betroffenen kündigen in ihrem Umfeld die Absicht an, sich das Leben zu nehmen. Der Suizid ohne Anzeichen ist also die Ausnahme. Die Mehrheit bilden verzweifelte Menschen, die in ihrem sozialen Umfeld mehr oder weniger eindeutig ihren Suizid ankündigen. Diese Ankündigungen müssen also ernst genommen werden. Wie Warnzeichen für Suizidgedanken aussehen können, findest du weiter oben auf dieser Seite.

Mythos 2: Über Suizid zu reden, kann zum Suizid führen.

Der Gedanke, dass man durch ein Gespräch eine suizidgefährdete Person in ihren Absichten bestärkt oder erst auf die Idee bringt Suizid zu begehen, ist falsch. Im Gegenteil, in der Regel empfinden es viele Betroffene als sehr erleichternd, über ihre Suizidgedanken zu sprechen. Und wer bisher keine Suizidgedanken hatte bekommt auch keine, wenn man danach fragt.

Mythos 3: Menschen, die Suizid verüben wollen, lassen sich sowieso nicht abhalten.

Unterstützung und Intervention können einen erheblichen Einfluss auf Menschen mit Suizidgedanken haben. Oftmals fühlen sich Menschen mit Suizidgedanken isoliert, hilflos und sehen nur noch diese eine Lösung als Ausweg. In Wirklichkeit gibt es immer Alternativen. Doch diese sind für die Betroffenen in diesem Augenblick nur einfach nicht sichtbar. Das Vorhandensein von Unterstützung und die Bereitstellung von geeigneten Hilfsangeboten können Leben retten.

Mythos 4: Suizid verüben nur Menschen mit einer psychischen Erkrankung.

Obwohl psychische Erkrankungen ein bedeutender Risikofaktor für Suizid sind, können auch Menschen ohne psychische Störungen Suizidgedanken entwickeln. Denn Suizidgedanken entstehen meist durch Lebenskrisen, die Menschen mit und ohne psychische Erkrankung erleben, wie zum Beispiel einen schweren Verlust, eine traumatische Erfahrung, Einsamkeit oder Überforderung im beruflichen oder sozialen Umfeld. Auch chronischer emotionaler Stress kann zu Suizidgedanken führen.

Mythos 5: „Die Person will nur Aufmerksamkeit…“

Falsch: Die Person lenkt deine Aufmerksamkeit darauf, dass sie Hilfe benötigt. Die Aussage erweckt den Anschein, dass suizidale Gedanken genutzt oder vorgetäuscht werden, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Es kann dazu führen, dass die Gedanken der betroffenen Person nicht ernst genommen werden. Das ist gefährlich, denn egal, ob jemand mit einem gebrochenen Bein oder mit Suizidgedanken nach Hilfe fragt: Beides hat deine Aufmerksamkeit verdient.

Mythos 6: Menschen mit Familie, beruflichem Erfolg oder viel Geld sind nicht von Suizidalität betroffen.

Suizidalität betrifft alle Einkommens- und Bildungsschichten. Auch Menschen die es vermeidlich „gut haben“, können in Krisen geraten, aus denen sie keinen Ausweg mehr sehen. Auch sie verdienen es, ernst genommen zu werden.

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